60 Jahre Kleinheubacher Ragatta
Kleinheubach. 1953 wurde die Wasser-Sport-Gemeinschaft Kleinheubach (WSG) gegründet. Schon wenige Jahre später (1959) führte sie auf dem Main ihre erste Regatta durch – und seitdem jährlich mit einer einzigen Ausnahme in den frühen Jahren. Es gab Höhen und Tiefen, aber eines hat sich nie geändert: Sportler und Betreuer kommen immer gerne nach Kleinheubach und haben – bei allem Ehrgeiz auf dem Wasser – ihren Spaß. Und das Regattateam mit seinen vielen Helfern ist auch unter der WSG-Vorsitzenden Juanita Schwaab unglaublich fleißig!
Über 440 Teilnehmer aus 37 Vereinen nahmen am Wochenende an der 60. Kleinheubacher Kanusport-Regatta teil. Traditionell reisten sie aus ganz Süddeutschland bis aus dem Saarland, der Schweiz (KC Schaffhausen, KC Rapperswil-Jona) und sogar aus Frankreich (Canoe Club Nivernais) an. Über 170 Rennen wurden teilweise in Drei-Minuten-Abständen gestartet.
Sicher, die Regatta der WSG hat schon bessere Zeiten gesehen, aber seit 1959 hat sich so manches geändert. Z. B. sollte lt. Vereinsbeschluss ab 1979 gar keine Regatta mehr in Kleinheubach durchgeführt werden. Der Grund: mangelnde Mitarbeit der älteren Mitglieder bei der Vorbereitung. Auch das „fürchterliche Benehmen“ der auswärtigen Rennfahrer war mit ausschlaggebend für diesen Beschluss: „Wir können es uns nicht leisten, dass unser guter Name als Sportverein in Kleinheubach in den Schmutz gezogen wird”, steht im Protokoll der damaligen Jahreshauptversammlung. Aber der gefasste Vorsatz hielt nur ein Jahr an. Schon 1980 fand die nächste Regatta, die 21., in Kleinheubach statt.
Das „fürchterliche Benehmen“ lag wohl am Regattaball, der in ganz Deutschland berühmt-berüchtigt war und bis heute bei der älteren Rennsportler-Generation immer noch für die ein oder andere Story gut ist. So mancher Streich der gut gelaunten Gäste wurde damals von der Kleinheubacher Bevölkerung „missverstanden“. Irgendwann wurde deshalb der Regattaball eingestellt.
Was der Attraktion der Kleinheubacher Regatta so gut wie keinen Abbruch tat! Mit ein Grund dafür war der frühere regelmäßige Termin Anfang September. Er brachte zahlreiche Gäste, die im Anschluss an die Regatta – oder schon im Vorfeld – die Miltenberger Michaelismesse genießen wollten. So konnte sich Kleinheubach über viele Jahre hinweg rühmen, die größte Regatta in ganz Süddeutschland durchzuführen. Und das mit so hochrangigen Gästen, wie Welt- und Europameister, und auch immer wieder Teams aus dem Ausland bis aus dem fernen Australien.
Auch die WSG selbst redete über Jahrzehnte in der deutschen Rennsport-Elite mit. Um 1959/60 waren Jutta Stein/Rosi Rexroth (später Dauphin) Mitglieder der deutschen Nationalmannschaft. Unter ihren Trainern Heiner Dauphin und Karl Hauck fuhren Kleinheubacher Rennsportler stets Spitzenplätze bei Deutschen Meisterschaften heraus und waren stolz darauf, den ausgeklügelt zusammengesetzten Rennsportgemeinschaften mit echten Vereinsbooten das Wasser zu reichen. Medaillen bei Deutschen Meisterschaften gab es ab 1990 erst in der Klasse der Schüler, dann bei den Junioren und 1997 folgte mit dem Dreamteam der WSG, Kai Wirl/Kay Rogge, sogar der deutsche Meistertitel.
Die Aktiven von „damals“ sind die Stützen von heute. Sie sorgen dafür, dass die Kleinheubacher Regatta allen Unkenrufen zum Trotz noch immer lebt. Auch bei ihrer 60. Ausgabe ist sie eine sportliche Standortbestimmung für zahlreiche Athleten. Oft nehmen junge Nachwuchssportler hier an ihren ersten Rennen teil – und die älteren, die oft schon seit Jahren als Trainer fungieren, fordern hier nochmal ihr Können heraus. Selbst in den Rennen im Viererkajak, die andere Vereine mangels Sportler gar nicht besetzen können, stellt die WSG locker zwei oder sogar drei Boote.
So können hier Omas und Opas, Mamas und Papas ihre Kinder und Enkel anfeuern – und umgekehrt aber auch die Kinder ihre Mama und ihren Papa oder auch den Opa. Bei den generationenübergreifenden Sonderrennen „Herren (oder Damen) alle Klassen“ sitzen manchmal ganze Familien in einem Boot. Die Älteren schieben mit enormer Kraft und Schnelligkeit von hinten an, die Jüngsten können mit dieser Schlagfrequenz manchmal gar nicht mithalten und müssen das Paddel übers Wasser halten, damit es nicht aus dem Händchen gerissen wird.
Alle in einem Boot. Beim Paddeln, bei der Organisation, beim Bratwurstgrillen, beim Kuchenverkauf, auf dem Platz als Trainer und Betreuer. Das macht das Geheimnis aus, warum die Kleinheubacher Wasser-Sport-GEMEINSCHAFT noch immer lebt und mit ihr seit 60 Jahren die überall beliebte Regatta.
Übrigens wurde seit 1979 nie wieder in Erwägung gezogen, die Tradition der Kleinheubacher Regatta zu beenden.
Uschi Zimmermann